Dienstag, 10. Mai 2011

Das Problem mit der modernen Kommunikation

Er ist nervenaufreibend und beinahe aussichtslos. Ich bin der Don Quichotte der Neuzeit, kämpfe nicht gegen Windmühlen sondern gegen dämliche Fernsehshows und die damit einhergehende Volksverblödung. Doch nicht nur mein einsamer fight gegen "Brit, Kalwass und Co." zerrt an meinen Kräften, es ist kaum auszuhalten den Konversationen solcher shows zu folgen ohne in Fremdscham in der Sofaritze zu versinken. Meinen die Menschen den Scheiß den die da erzählen tatsächlich ernst? Auch mein Sturm gegen die zunehmende Technisierung der zwischenmenschlichen Kommunikation raubt mir den Schlaf. Mein Schwert in diesem Kampf ist der Boykott, d.h. ich hatte über ein Jahr keinen Fernseher, auf mehrfacher Nachfrage meiner Freunde hin habe ich dann vor einigen Tagen ein Fernsehgerät angeschloßen und im Moment läuft das Teil einige Stunden auf SAT1, nebenbei lausche ich nun den Gerichts- Talk- und Wasweißichfürshows die am laufenden Band präsentiert werden und vor ungewollter Tragikkomödie nur so strotzen, das Thema heute "Verhütungsdesaster! Welche Ausrede hast Du?", erster Gast, Mädel 21 Jahre, erstes Kind mit 17, geb. weil Pille vergessen, Kind lebt nicht bei der Mutter, sondern beim Ex, Kind Nr. 2 mit 18 bekommen, war geplant (...), vom Jugendamt weggenommen, weil vernachlässigt, Kind Nr. 3 mit 20 bekommen, weil Kondom geplatzt (...) auch vom Jugendamt weggenommen. Jetzt sitzt die Alte da und erzählt das alles so dahin, im holprigen deutsch, obwohl sie deutsche ist und schämt sich nicht einmal, keine Ausbildung, arbeitslos - meine Fresse - Schuld daran ist nicht das Mädel allein, bestimmt nicht, katastrophal bleibt jedoch die Tatsache. Desweiteren besitze ich kein Handy, nutze Messenger nur für meinen Blog und bin (verdammt nochmal) nicht bei Facebook. Allein das Wort social network ist irreführend, Es verhindert nämlich eher die direkte zwischenmenschliche Nähe statt sie zu födern und greift nebenbei alle möglichen Daten ab ohne das wir es mitkriegen. Junge Menschen stellen wahrlos allen anderen Usern persönliche Daten zur Verfügung, Alter, Wohnort, manchmal sogar Vor- und Zuname, Fotos, was sie so am Tag noch vorhaben, kann so jeder Lesen - der beste Freund, Werbeunternehmen, Betrüger, Einbrecher, Pädophile.
Glaubt mir, durch meine skeptische Haltung gegenüber der im Ergebnis gesehen Anti-Sozialen-Netzwelt bin  nicht unglücklicher oder habe weniger Freunde als die Fraktion, die die absolut überwiegende Mehrheit stellt und ständig am Handy sitzt und tippt...und tippt....und tippt.
Klar haben solche unkomplizierten Kommunikationswege Vorteile: beispielsweise wenn ein Mensch in Not gerät bei einem Un- oder Überfall (Anm. von mir: In solchen Fällen bitte den Notarzt und die Polizei verständigen, ruhig die 5 W-Fragen beantworten, nicht dumm grinsen und filmen und auf youtube stellen, so behandelt man keinen Herzinfarkt und kein Opfer einer Straftat), oder die Entfernung zueinander sehr groß ist oder wenn man sich zur fröhlichen Revolution auf dem Tahrir Platz treffen möchte.
Sie haben aber auch Nachteile - SMS, ICQ, MSN nehmen uns nicht nur Wege ab um Informationen (oder wie auch immer man das Geschreibsel einiger Menschen bezeichnen möchte), sondern auch Fähigkeiten und nicht zuletzt auch das Empfinden. Es fängt an bei rein physikalischen Bewegungen, der Grob- und Feinmotorik der Hände und Finger, der Fähigkeit zu schreiben - Buchstaben zu formen und den Stift flüssig über das Papier zu führen, seine ganz persönliche Schrift zu entdecken und zu entwickeln - und jetzt geht es in den kognitiven Bereich - zu verfeinern, seinen Wortschatz zu erweitern, Gedankengänge verfolgen und in sinnvollen Zusammenhang bringen die (wesentlich) länger sind als die gängige Zeichenzahl von 160 bei einer SMS und sie zu Papier zu bringen.
Desto einfacher wir uns die Welt durch technische Errungenschaften vereinfachen, desto größer wird die Gefahr, dass auch wir einfacher, emotionsloser und immer fauler werden und bei all den Bits und Bytes die Realität vergessen.

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